Kinderarmut in Deutschland: Eine ungelöste Herausforderung

Trotz jahrelanger wirtschaftlicher Entwicklung und scheinbar positiver Entwicklungen bleibt Kinderarmut in Deutschland ein drängendes Problem. Laut einem kombinierten Messansatz sind immer noch 21,3 Prozent bzw. 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren von Armut bedroht. Dieser Ansatz berücksichtigt sowohl die Armutsgefährdungsquote als auch Kinder im Grundsicherungsbezug.

Kinderarmut hat weitreichende Folgen für das Aufwachsen, das Wohlbefinden, die Bildung und die Zukunftschancen der betroffenen Kinder. Trotz regionaler Unterschiede in Deutschland, wie beispielsweise verbesserte Bedingungen in Ostdeutschland im Vergleich zu stagnierenden Werten in Westdeutschland, bleibt die Kinderarmut ein strukturelles Problem.

Besonders besorgniserregend ist, dass trotz leichter Verbesserungen in der materiellen Versorgung von Kindern im Grundsicherungsbezug der relative Unterschied zu Kindern in gesicherten Verhältnissen bestehen bleibt. Insbesondere in den Bereichen Mobilität, Freizeit und soziale Teilhabe sind Familien im SGB II-Bezug häufig unterversorgt.

Diese Erkenntnisse basieren auf aktuellen Auswertungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und werden in einem Factsheet der Bertelsmann Stiftung zu Kinderarmut in Deutschland zusammengefasst.

Es ist an der Zeit, dass Kinderarmut in Deutschland als dringendes gesellschaftliches Problem anerkannt und entsprechend angegangen wird. Nur durch gemeinsame Anstrengungen von Politik, Gesellschaft und Organisationen können wir sicherstellen, dass alle Kinder die gleichen Chancen haben und in einer gerechten und wohlhabenden Gesellschaft aufwachsen können.

Corona-Krise verschärft die Situation armer Kinder

Die Auswirkungen der Corona-Krise treffen arme Kinder und ihre Familien besonders hart. Viele Eltern, die bereits benachteiligt sind, arbeiten oft in Teilzeit oder als Minijobber und gehören daher zu den ersten, die ihre Jobs verlieren oder nur geringes Kurzarbeitergeld erhalten.

Jörg Dräger, Vorstandsmitglied unserer Organisation, warnt davor, dass viele arme Kinder in dieser Krise “durchs Raster fallen” könnten. Während des Corona-Lockdowns konnten zahlreiche staatliche oder zivilgesellschaftliche Unterstützungsangebote für bedürftige Kinder und Jugendliche nicht fortgesetzt werden. Dies hat schwerwiegende Folgen für die am stärksten gefährdeten Kinder und Jugendlichen.

Die Herausforderungen beim Homeschooling verschärfen die Situation weiter. Kinder aus armen Verhältnissen verfügen oft nicht über die notwendige technische Ausstattung und haben keine ruhigen Rückzugsorte zum Lernen. Laut Statistiken haben 24 Prozent der Kinder im Grundsicherungsbezug keinen internetfähigen PC im Haushalt und 13 Prozent keinen ruhigen Platz zum Lernen. Fast die Hälfte dieser Kinder lebt in Wohnungen, in denen nicht genügend Zimmer zur Verfügung stehen.

Jörg Dräger kritisiert die unzureichenden Anstrengungen der Politik, um Kinderarmut zu bekämpfen. Er betont: “Die Politik tut zu wenig, um Kindern Armut zu ersparen. Gerade die Corona-Krise droht die Situation noch zu verschärfen. Die Politik muss jetzt handeln!”

Es ist dringend erforderlich, dass Maßnahmen ergriffen werden, um die Lage der armen Kinder und ihrer Familien zu verbessern. Die Unterstützung durch staatliche und zivilgesellschaftliche Organisationen muss verstärkt werden, um sicherzustellen, dass kein Kind aufgrund seiner finanziellen Situation benachteiligt wird.

Mit einem Teilhabegeld Kinderarmut verhindern

Jörg Dräger macht sich große Sorgen, dass in der aktuellen Krise nicht genug unternommen wird, um Kinderarmut zu bekämpfen. Er betont: “Die Vermeidung von Kinderarmut muss gerade in der Corona-Krise politische Priorität bekommen.” Dräger fordert daher neue sozial- und familienpolitische Konzepte, um diesem drängenden Problem wirksam zu begegnen.

Eine wichtige Maßnahme, die Dräger vorschlägt, ist die Einführung eines transparenten und Teilhabe-sichernden Teilhabegeldes für Kinder und Jugendliche. Dieses würde dazu beitragen, Armut zu verhindern und Kindern die Möglichkeit zu geben, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Konkrete Vorschläge für ein Teilhabegeld oder eine Grundsicherung für Kinder liegen bereits auf dem Tisch.

Dräger unterstreicht auch die Bedeutung einer konsequenten Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an politischen Entscheidungsprozessen. Die Corona-Krise habe gezeigt, dass die Wünsche und Bedürfnisse der jüngeren Generation oft nicht angemessen berücksichtigt werden und sie häufig auf ihre Rolle als Schülerinnen und Schüler reduziert werden.

Um das Bewusstsein für das Thema Kinderarmut zu stärken und politischen Druck aufzubauen, startet die Bertelsmann Stiftung eine Initiative mit dem Hashtag #StopptKinderarmut in den sozialen Medien. In den kommenden Monaten wird sich die Stiftung intensiv mit der Perspektive von Kindern und Jugendlichen auf das Thema auseinandersetzen und Lösungsansätze entwickeln.

 

Die Auswirkungen von Kinderarmut in Deutschland: Ein ungelöstes Problem

Trotz der Fortschritte in vielen Bereichen der Gesellschaft bleibt Kinderarmut in Deutschland ein gravierendes und ungelöstes Problem. Aktuellen Daten zufolge sind mehr als ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren – konkret 21,3 Prozent bzw. 2,8 Millionen – von Armut bedroht. Dies basiert auf einem kombinierten Messansatz, der sowohl die Armutsgefährdungsquote als auch den Bezug von Grundsicherungsleistungen berücksichtigt. Die Kinder- und Jugendarmut hat trotz der vor der Corona-Krise günstigen wirtschaftlichen Entwicklung nach wie vor schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben dieser jungen Menschen. Sie beeinträchtigt ihr Aufwachsen, Wohlbefinden, Bildungschancen und ihre Zukunftsaussichten.

Besonders interessant sind die regionalen Unterschiede bei der Kinderarmut in Deutschland. Während in Ostdeutschland Verbesserungen zu verzeichnen sind – mit einem Rückgang der Kinder im Grundsicherungsbezug von 22,1 Prozent im Jahr 2014 auf 16,9 Prozent im Jahr 2019 – stagniert die Situation in Westdeutschland, wo die SGB II-Quote bei Kindern bei 13 Prozent bleibt. Auf Kreisebene zeigt sich eine enorme Variation, mit einigen Regionen, in denen bis zu 40 Prozent der Kinder auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind, während es anderswo nur 2 Prozent sind. Obwohl sich die materielle Versorgung von Kindern in der Grundsicherung leicht verbessert hat, bleibt der relative Unterschied zu Kindern in gesicherten Verhältnissen bestehen. Insbesondere in den Bereichen Mobilität, Freizeit und soziale Teilhabe sind Familien im SGB II-Bezug oft erheblich benachteiligt.

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Situation armer Kinder

Die COVID-19-Pandemie hat die Situation der bereits benachteiligten Kinder und Jugendlichen weiter verschärft. Die Eltern dieser Kinder sind häufig in prekären Beschäftigungsverhältnissen tätig, wie Teilzeit- oder Minijobs, und gehören daher zu den ersten, die ihren Job verlieren oder nur unzureichende staatliche Unterstützung erhalten. Unser Vorstandsmitglied Jörg Dräger warnt davor, dass viele arme Kinder “durchs Raster fallen” könnten, da während des Lockdowns zahlreiche außerhäusliche Unterstützungsangebote weggefallen sind. Dies betrifft besonders die bedürftigsten Kinder und Jugendlichen. Auch das Homeschooling hat die Ungleichheit verstärkt, da viele Kinder aus ärmeren Verhältnissen nicht über die notwendige technische Ausstattung verfügen und keinen geeigneten Lernraum haben. Es ist besorgniserregend, dass 24 Prozent der Kinder im Grundsicherungsbezug keinen internetfähigen PC im Haushalt haben und 13 Prozent keinen ruhigen Lernplatz. Fast die Hälfte der betroffenen Kinder lebt in Wohnungen, in denen nicht genügend Zimmer zur Verfügung stehen. Dräger kritisiert die unzureichenden Anstrengungen der Politik, um Kinderarmut zu reduzieren, und fordert dringendes Handeln: “Die Politik muss jetzt handeln, um Kinderarmut zu bekämpfen.”

Vorschläge zur Verhinderung von Kinderarmut

Um die Auswirkungen der Krise abzumildern und Kinderarmut langfristig zu bekämpfen, sind neue sozial- und familienpolitische Konzepte erforderlich. Dräger fordert eine transparente und Teilhabe sichernde finanzielle Leistung für Kinder und Jugendliche, die Armut vermeidet. Vorschläge wie ein Teilhabegeld oder eine Grundsicherung für Kinder liegen auf dem Tisch. Darüber hinaus plädiert Dräger für Strukturen, die eine konsequente Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ermöglichen. Die Bertelsmann Stiftung wird sich intensiv mit der Perspektive von Kindern und Jugendlichen auf das Thema auseinandersetzen und startet eine Initiative #StopptKinderarmut in den sozialen Medien.

Hinweis:

Dieser Beitrag wurde von der Bertelsmann Stiftung erstellt und redaktionell bearbeitet. Erstveröffentlichung auf www.bertelsmann-stiftung.de. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Bertelsmann Stiftung:

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